#006 Mindest- und Höchstsätze der HOAI unwirksam
von Frank Zillmer - 04. Juli 2019
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Die verbindlichen Honorare der HOAI für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren sind somit nicht mit dem europäischen Recht vereinbar
Bisher galten nach der HOAI Mindestsätze, die nicht unterschritten werden durften und Höchstsätze, die nicht überschritten werden durften. Dies ändert sich nun!
Die EU-Kommission hat die Bundesrepublik Deutschland vor dem EuGH verklagt, weil der festgelegte Mindestsatz in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für verschiedene Leistungen nach ihrer Auffassung eine gesetzliche Preisvorschrift darstelle, die gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstoße. Durch die Preisbindung würde neuen Dienstleistern der Marktzugang erschwert. Anbieter können weder durch niedrige Preise Kunden gewinnen, noch können sie qualitativ besonders hochwertige Leistungen über dem Höchstsatz abrechnen.
Die Bundesrepublik befürchtete jedoch Qualitätseinbußen beim Entfall der Mindestsätze.
Wie geht es nun nach diesem Urteil weiter?
Die HOAI als solche ist vom EuGH nicht in Frage gestellt worden. Sie wird also absehbar weiterhin Bestand haben.
Die bisher geschlossenen Verträge sowie vereinbarte Honorare sind weiterhin wirksam.
Was wird sich ändern?
Was gilt für bestehende Verträge?
Ein Architekt, der eine unter den Mindestsätzen liegende Vergütung vereinbart hat, wird jetzt nicht mehr –wie bisher– ohne weiteres die Möglichkeit haben, unter Verweis auf die HOAI den Mindestsatz einzuklagen: Sein Auftraggeber kann nun einwenden, die HOAI verstoße gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie und der in der HOAI geregelte Mindestpreis sei unwirksam.
Die Entscheidung führt also dazu, dass ein vereinbartes Honorar nunmehr im Regelfall auch Bestand hat – und der Architekt nicht später entgegen der getroffenen Vereinbarung den höheren Mindestsatz einklagen kann.
Das gilt auch in der Übergangszeit, in der die HOAI noch nicht geändert worden ist, weil Gerichte die Entscheidung des EuGH beachten müssen.
Was gilt für noch nicht geschlossene Verträge?
Damit sind nun auch Honorare zulässig, die unter den Mindestsätzen oder über den Höchstsätzen liegen.
Auftraggebern eröffnet sich hier ein erhebliches Sparpotential.
Architekten und Ingenieure können eine qualitativ hochwertige Leistung auch über den bisherigen Höchstsätzen vermarkten.
Architekten und Ingenieure müssen nun die Honorare für ihre Leistungen aushandeln.
Pauschalen oder reine Stundensatzvereinbarungen können jetzt einfacher als bisher vereinbart werden.
Schließen Sie eine schriftliche Honorarvereinbarung ab!
Bitte beachten Sie: Die HOAI ist noch nie Vertragsrecht gewesen: Die von Architekten und Ingenieuren konkret geschuldete Leistung muss immer ausdrücklich geregelt werden. Daran ändert auch das Urteil naturgemäß nichts. Ein Verweis auf die Grundleistungen der HOAI bleibt hierzu weiterhin möglich, ist aber häufig viel zu ungenau. Lassen Sie sich hierzu unbedingt fachgerecht beraten!
Zu diesem Thema hat Rechtsanwalt Frank Zillmer im August 2019 vier Seminare in Zusammenarbeit mit der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein gegeben:
Auswirkungen des EuGH Urteils auf die HOAI
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