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Herausgabe von Bauunterlagen und Planungsunterlagen

Herausgabe von Bauunterlagen und Planungsunterlagen

Hat der Auftraggeber einen Anspruch darauf?

Wann müssen welche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden?

von Frank Zillmer   -   05.06.20203
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Stellen fehlende Unterlagen einen Mangel dar und rechtfertigen sie gar die Verweigerung der Abnahme?


Auftraggeber haben regelmäßig ein erhebliches Interesse daran, Unterlagen zu bekommen:


  • Bedienungsanleitungen
  • Revisionsunterlagen
  • Unterlagen zur Instandhaltung
  • Unterlagen, die für spätere Umbauten von Bedeutung sind (z.B. Statik, Verlegepläne)
  • Unterlagen für Darlehens- oder Fördermittelgeber
  • Unterlagen zur Vorlage beim Bauamt (Statik, Brandschutz) usw.


Vor und während der Ausführungsphase besteht regelmäßig kein Anspruch des Auftraggebers auf die Herausgabe von Unterlagen, wenn das nicht ausdrücklich anders vereinbart worden ist.


Wie so oft, kommt es aber auf den Einzelfall an.


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Ansprüche können sich aus der VOB/B ergeben oder aus einem besonderen Interesse des Auftraggebers. Ansonsten gehören die Unterlagen zur Vorbereitung des bei der Abnahme mangelfreien Werks.

In der Planungsphase


Bei Architekten- und Ingenieursleistungen gehört es zu den wesentlichen Grundpflichten, dem Auftraggeber in den Planungsphasen Pläne und Unterlagen als Ergebnis der jeweiligen Leistungsphase vorzulegen und diese Planungen als Grundlage für die weitere Planung mit dem Auftraggeber abzustimmen.


Hierbei ist jedoch grundsätzlich in keiner Leistungsphase geschuldet, diese Pläne digital oder gar in einer weiter verarbeitbaren Form zu übergeben – wenn nichts anderes vertraglich vereinbart worden ist.

Bei Bauleistungen gibt es kein generelles Recht auf Herausgabe von Werk- und Ausführungsunterlagen. Will der Auftraggeber hier vorzeitige Informationen bekommen, muss er das vertraglich vereinbaren.


Handelt es sich um einen Verbraucher oder einen Unternehmer?


Besonderheiten ergeben sich insoweit für den Verbraucherbauvertrag: Dafür ist in § 650 n BGB geregelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen schon vor Beginn der Ausführung einer geschuldeten Leistung vom Auftragnehmer Unterlagen zu erstellen und herauszugeben sind, die der Verbraucher - Auftraggeber zum Nachweis gegenüber Behörden oder Darlehensgebern benötigt. 

 

In der Ausführungsphase


Bei Architekten- und Ingenieurleistungen gehört es nicht generell zur Grundleistung, eine detaillierte As-Built-Planung zu liefern. Zwar haben die ursprünglichen Planer mit ihren Ausführungsplanungen die besten Voraussetzungen dafür, diese Pläne an Änderungen anzupassen, die sich in der Bauphase ergeben haben. Eine Pflicht hierzu müsste aber vertraglich vereinbart werden. Technisch wird hierzu oft die Zuarbeit der ausführenden Firmen durch entsprechende Informationen erforderlich sein – was vertraglich mit diesen auch vereinbart werden sollte, um hierauf einen unzweifelhaften Anspruch zu haben.


Dabei sind As-Built Zeichnungen für jeden Beteiligten des Bauprojekts vorteilhaft:


Für Auftragnehmer


von Bau- und Planungsleitungen sind aktuelle Bestandszeichnungen wichtig, um über Änderungen und Ergänzungen des Leistungsumfangs von Vor- und Folgegewerken informiert zu sein. So können auch Probleme leichter vermieden werden, bevor sie entstehen.


Für Auftraggeber


ist eine As-Built-Dokumentation von großer Bedeutung, um später Probleme zu beheben oder das Objekt später zu Renovieren oder zu verändern. Nicht zuletzt ist das auch wichtig, um die späteren Käufer und Nutzer darüber zu informieren, was sie konkret erwerben oder nutzen. Bau- und Leistungsbeschreibungen in Kaufverträgen müssen sich am konkreten Bestand orientieren, damit keine Gewährleistungsansprüche bestehen!


BIM-Planungen


Besonderheiten werden sich bei BIM-Planungen ergeben, die ohnehin viel weitreichendere vertragliche Vereinbarungen über die geschuldeten Leistungen erforderlich machen.


Bei Bauleistungen


wird man hingegen auch in der Ausführungsphase regelmäßig davon ausgehen müssen, dass die Planungsleistungen zur Vorbereitung der abnahmereifen Leistung gehören und es Sache des Auftragnehmers ist, wie er die Leistung erbringt – es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart.

Ausnahmen sind dann denkbar, wenn z.B. Mängel konkreten Anlass geben, in die Werkplanung bzw. Ausführungsunterlagen zumindest Einblick zu nehmen oder sich diese zur Prüfung übersenden zu lassen. In entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 7 VOB/B dürfte in solchen Fällen ein Anspruch des Auftraggebers bestehen, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass von der vorgegebenen Planung abgewichen wird oder schwere Mängel zu entstehen scheinen: Wenn der Verdacht nur durch eine Prüfung der Werkplanung ausgeräumt werden kann und ein Abwarten bis zur Abnahme nicht zumutbar ist, dürfte ein entsprechender Anspruch des Auftraggebers bestehen. Insoweit ist das letztlich auch im Interesse des Auftragnehmers, weil so dann künftige Schäden verringert werden können. Aus dieser Überlegung kann sich ein Anspruch des Auftraggebers auch aus seiner Pflicht zur Schadensminderung ergeben, § 254 BGB (Schlie, BauR 2014, 905 (906)).


Ein weiterer Anspruch wird sich in solchen Fällen aus der allgemeinen baurechtlichen Kooperationspflicht ergeben. Nach der BGH-Rechtsprechung sind die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrages während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet: Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Anpassung des Vertrages oder seiner Durchführung an geänderte Umstände, sind die Parteien grundsätzlich verpflichtet, durch Verhandlungen eine einvernehmliche Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu versuchen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 393/98). Das ist oft nur möglich, wenn die Werkplanung als Grundlage für solche Gespräche offengelegt wird.

Zur Abnahme


Zur Abnahme muss der Auftragnehmer beweisen, dass seine Leistung vertragsgerecht ist, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und auch sonst mangelfrei ist.


Hierzu werden grade bei komplexen technischen Anlagen umfangreiche Unterlagen vorzulegen sein, damit eine solche Anlage bedient, gewartet und repariert werden kann. Ohne diese Dokumentation kann von einem „wesentlichen Mangel“ ausgegangen werden, der die Verweigerung der Abnahme rechtfertigt.


Zudem muss der Auftraggeber in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob die Leistung der geplanten und geschuldeten Leistung entspricht, um die Leistung abnehmen zu können.

Ansprüche können sich auch insoweit ergeben, als dass öffentlich-rechtliche Pflichten bestehen, wie z.B. nach EnEV oder anderen Regelungen. Pflichten könne sich auch aus der Anlagengenehmigung oder der Baugenehmigung ergeben. Sind diese für den Betrieb wesentlich, gehören sie zu den vom Auftragnehmer zu übergebenden Unterlagen.


Ferner ist es üblich, dass z.B. ein Fachunternehmen für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärinstallationsarbeiten bei Bauvorhaben wie dem Umbau und der Sanierung von Mehrfamilienhäusern auch ohne besondere ausdrückliche vertragliche Vereinbarung Revisions- bzw. Bestandsunterlagen zu erstellen und dem Auftraggeber zu übergeben hat. Zwar sieht die VOB/C - Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV) - hier etwa ATV 18379 (Lüftung) und ATV 18381 (Wasser- und Entwässerungsanlagen) - die Erstellung von Revisionsunterlagen unabhängig von der Anlagengröße und Anlagenkomplexität vor, aber der Umfang und die Detailtiefe wird nicht näher definiert.


Diese Anforderungen sind daher im Einzelfall - bezogen auf das jeweilige Bauvorhaben - zu bestimmen. Selbst bei sehr kleinen Anlagen sind Protokolle über die eingebauten Strangregulierventile sowie über die Druckprüfungen erforderlich und zu übergeben. Fehlen solche Unterlagen, stellt das einen Mangel dar, der ein Zurückbehaltungsrecht in der Höhe der doppelten Mangelbeseitigungskosten rechtfertigt (OLG Brandenburg, Urt. v. 4.7.2012 13 U 63/08).


Besonderheiten ergeben sich auch insoweit für den Verbraucherbauvertrag: Dafür ist in § 650 n BGB geregelt, dass der Auftragnehmer spätestens mit der Fertigstellung des Werks alle Unterlagen zu erstellen und zu übergeben hat, die der Verbraucher-Auftragnehmer benötigt, um Darlehensgebern gegenüber die Einhaltung von Bedingungen zu belegen oder Behörden gegenüber nachweisen zu können, dass die Leistung den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht.


Es lässt sich somit festhalten, dass Auftraggeber die Übergabe von Planungs- und Bauunterlagen vertraglich vereinbaren sollten. Anderenfalls müssen sie ein besonderes rechtliches Interesse daran nachweisen und beweisen, dass sie diese z.B. zur Mängelbeseitigung benötigen, OLG Köln (Urteil vom 13.05.2015 – 11 U 96/14)

 

Nach der Abnahme


Da mit der Abnahme der Vertrag erfüllt ist, kommen Ansprüche auf zusätzlich noch zu erbringende Leistungen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn diese nicht bei Abnahme vorbehalten worden sind.

Soweit jedoch später Unterlagen nachweislich zwingend erforderlich sind, um z.B.


  • Wartungs-, Reparatur- oder Umbaumaßnahmen durchzuführen oder
  • behördliche oder nachbarrechtliche Ansprüche abzuwehren


wird man nachvertragliche Pflichten des Auftragnehmers dazu annehmen können, erforderliche Unterlagen ggf. auch gegen Vergütung von dafür anfallenden Kosten herauszugeben.


Nach der vorzeitigen Vertragsbeendigung hat der Auftraggeber nach dem OLG Köln (Urt. v. 11.07.1997 - 11 W 21/97 -; NJW-RR 1998, 1097) einen Anspruch auf Herausgabe zwar nicht der Originalpläne, aber der Mutterpausen: Mit Abschluss des Architektenvertrages übertrage der Architekt i.d.R. die urhebererechtliche Nutzungsbefugnis an seiner Planung auf den Bauherrn, soweit diese zur Errichtung des Bauwerks benötigt würden. Dies gelte auch, wenn die vertraglichen Beziehungen zwischen Bauherrn und Architekten vorzeitig beendet würden.

 

Umfang von Revisionsunterlagen


Selbst bei der vertraglichen Vereinbarung, „Revisionsunterlagen“ oder eine „As-Built-Planung“ herauszugeben, entsteht oft Streit zwischen den Vertragspartnern über den geschuldeten Umfang der Unterlagen und deren Beschaffenheit – von der Sortierung bis zur Frage, ob analog oder digital - und wenn digital, in welchem Dateiformat.

Sowohl in Planer- als auch in Bauverträgen sollte daher detailliert geregelt werden, welche konkreten Unterlagen in welchem Format „insbesondere“ zu übergeben sind. Auch bei etwaig geänderten oder zusätzlichen Leistungen muss geprüft werden, ob die Liste anzupassen ist. Mit der Öffnung durch das Wort „insbesondere“ bleibt dann genug Spielraum, um in den oben genannten Ausnahmefällen eine Lösung zu finden, wenn eine wichtige Unterlage in der Liste vergessen wurde.

Zu den öffentlich-rechtlich geforderten Bauunterlagen gehören regelmäßig unter anderem:


  • Baugenehmigungsunterlagen
  • Entwässerungsplanung
  • Lageplan mit Höhenbezugspunkt und Baufluchtlinien
  • Schnurgerüsteinmessung
  • Statik/Prüfstatik, sofern nach Landesbauordnung (LBO) gefordert
  • Schall- und Brandschutznachweis
  • alle notwendigen Bescheinigungen gemäß LBO (Bauleitererklärung, Bescheinigung zur Übereinstimmung von Planung und Ausführung zur Standsicherheit, Wärmeschutz etc.)
  • Schornsteinfegerabnahmeprotokoll
  • Prüfprotokoll -Drucktest- Abwasserleitung
  • nicht öffentlich-rechtlich erforderlich, aber sinnvoll: Drucktest der Heizungs- und Wasserrohre
  • Energie(bedarfs)ausweis/Nachweise zur Energieeinsparverordnung (EnEV)
  • Nachweis zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)


Wurden energetische Standards – zum Beispiel der KfW-Effizienzhausstandard – vertraglich vereinbart, sind unter anderem folgende Bauunterlagen zu übergeben:



  • energetischer Wärmeschutznachweis
  • Heizlastberechnung
  • Nachweis bei Solaranlagen gemäß EEWärmeG
  • Nachweis der Jahresarbeitszahl bei Wärmepumpen gemäß EEWärmeG
  • Nachweis des hydraulischen Abgleichs der Heizungsanlage
  • Luftdichtheitsnachweise der Gebäudehülle
  • eventuell Bescheinigung über Baubegleitung durch KfW/dena-gelisteten Sachverständigen für die KfW-Bank


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